Im systemischen Personalmanagement steht der Mensch als autonomes und komplexes System im Mittelpunkt. Mitarbeitende werden nicht als feste Mitglieder einer Organisation betrachtet, sondern als eigenständige Systeme, die sich durch Arbeitsverträge, gemeinsame Werte oder das Tätigkeitsfeld an die Organisation koppeln. Diese Perspektive betont die Bedeutung der Interaktionen und Beziehungen zwischen den Mitarbeitenden und der Organisation.
Herausforderungen und erste Schritte
Die zentrale Herausforderung des systemischen Personalmanagements liegt darin, das unvorhersehbare Verhalten der Mitarbeitenden für die Organisation vorhersehbar zu machen. Dies umfasst die Auswahl und Entwicklung von Personal sowie die Gestaltung von Kommunikations- und Entscheidungsprozessen.
Ein erster notwendiger Schritt hin zu einer systemischen Ausrichtung des Personalmanagements ist die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen oder die Neustrukturierung vorhandener Ressourcen. Beispielsweise sollten Fachbereichsleiter von der Basisarbeit freigestellt werden, um sich vollständig auf die Steuerung der Organisation und das Personalmanagement konzentrieren zu können. Nur so können die komplexen Anforderungen eines systemischen Personalmanagements erfolgreich umgesetzt werden.
Anknüpfungspunkte und Paradoxien
Ein wichtiger Aspekt des systemischen Personalmanagements sind Mitarbeiterentwicklungsgespräche. Diese Gespräche bergen mehrere Paradoxien, die berücksichtigt werden müssen:
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Autonomie vs. Steuerung: Mitarbeitende sind autopoietische Systeme und können nicht direkt gesteuert werden. Jede Form der Steuerung erfolgt indirekt durch Selbststeuerungsmaßnahmen der Mitarbeitenden. Informationen werden vom Empfänger interpretiert, was bedeutet, dass die Intention der Führungskraft nicht immer die gewünschte Wirkung erzielt.
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Inhalts- vs. Beziehungsaspekt: Kommunikationen haben immer einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. Empfehlungen oder Feedback können auf der Beziehungsebene als Kritik oder Beleidigung wahrgenommen werden, auch wenn sie sachlich gemeint sind.
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Kontrolle vs. Vertrauen: Entwicklungsgespräche sollen den Fokus auf relevante Themen legen, jedoch besteht die Gefahr, andere wichtige Informationen zu übersehen. Eine Balance zwischen Kontrolle und Vertrauen ist essenziell, um eine offene und konstruktive Gesprächsatmosphäre zu schaffen.
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Nähe vs. Distanz: Eine zu enge Beziehung kann die Objektivität beeinträchtigen, während zu große Distanz die Kommunikation erschwert. Es ist wichtig, eine professionelle Nähe zu wahren, die Vertrauen fördert, aber auch die nötige Distanz zur objektiven Beurteilung ermöglicht.
Die Metapher der vier Steine im Flussbett
Im systemischen Personalmanagement können die entscheidbaren und unentscheidbaren Entscheidungsprämissen als vier Steine im Flussbett gesehen werden, die den Fluss der Entscheidungen lenken und formen.
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Der Stein des Programms: Dieser Stein gibt durch klare Handlungsanweisungen und Richtlinien die Richtung vor. Er sorgt dafür, dass die alltäglichen Handlungen und Prozesse in geordneten Bahnen verlaufen und den Mitarbeitenden Sicherheit und Orientierung bieten.
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Der Stein der Personen: An diesen Punkten im Flussbett wird frisches Wasser – neue Mitarbeitende und ihre Ideen – eingebracht. Diese Stellen sind entscheidend für die Vitalität und Anpassungsfähigkeit des Flusses, da sie neue Impulse und Perspektiven einbringen.
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Der Stein der Kommunikationswege: Dieser Stein fungiert als Verbindungsbrücke zwischen verschiedenen Bereichen des Flusses. Er stellt sicher, dass Informationen effizient und zielgerichtet von einem Bereich des Flusses zum anderen gelangen, ohne zu versickern oder ins Stocken zu geraten.
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Der Stein der Organisationskultur: Dieser Stein liegt im Verborgenen und bildet das Fundament des Flussbetts. Er prägt die grundlegende Struktur und Stabilität des Flusses und beeinflusst die Form und Richtung des gesamten Flussverlaufs. Die Kultur entwickelt sich selbstorganisatorisch und ist daher nicht direkt steuerbar, aber von entscheidender Bedeutung für das Verhalten und die Einstellungen der Mitarbeitenden.
Diese vier Steine – Programme, Personen, Kommunikationswege und Organisationskultur – bilden gemeinsam das Flussbett, das den Fluss der Entscheidungen innerhalb einer Organisation lenkt. Durch ihre spezifischen Rollen und Funktionen ermöglichen sie es der Organisation, ihre Ziele zu erreichen und auf Veränderungen flexibel zu reagieren.