Sowohl die systemischen Prämissen der Organisations- und Leitungsgestaltung als auch die hypnosystemischen Prämissen nach Gunther Schmidt bieten einzigartige Perspektiven auf die Strukturierung von Management und Organisation. Beide basieren auf den Theorien der Autopoiese, der operationalen Geschlossenheit und der Beobachtung zweiter Ordnung (Kybernetik).
In der systemischen Organisationsgestaltung wird durch geeignete Kontextsteuerung das Erreichen vorhandener Ziele wahrscheinlicher gemacht. Die Organisationselemente (Mitarbeitende, Funktionseinheiten, Normen, Auftraggeber, interessierte Parteien usw.) werden als ein Netzwerk strukturell gekoppelter autopoietischer Einheiten betrachtet. Durch entscheidbare Entscheidungsprämissen (Programme, Kommunikationswege, Personal) und die unentscheidbare Entscheidungsprämisse (Kultur) wird ein wahrscheinlicher Weg in Richtung dieser Ziele gebahnt (Priming).
Hypnosystemisches Denken und Erlebnisnetzwerke
Hypnosystemisches Denken nutzt die Vorstellung sogenannter Erlebnisnetzwerke, die im Gehirn und im gesamten Körper verankert sind. Basierend auf dem Hebbschen Gesetz („Cells that fire together, wire together“) wird angenommen, dass komplexes Erleben durch spezifische Kombinationen vernetzter Nervenzellen zustande kommt. Individuelle Genese und persönliche Erfahrungen führen zu gewohnheitsmäßigen Bevorzugungen bestimmter neuronaler Netzwerke. Hypnotherapeutische Interventionen zielen darauf ab, Veränderungen in diesen Netzwerkkonstellationen zu initiieren und erwünschte Netzwerkaktivierungen durch Training wahrscheinlicher zu machen.
Übertragung auf Organisationen
In Organisationen entsprechen verschiedene Kombinationen aus aktivierten Neuronen den Funktionseinheiten, Abteilungen und Fachbereichen. Einzelne Mitarbeitende können als hochkomplexe Netzwerke betrachtet werden. Die Kommunikation und die daraus resultierenden Entscheidungen sind entscheidend, nicht die Einheiten selbst.
Sowohl systemische Organisationsgestaltung als auch hypnosystemisches Denken teilen konstruktivistische Wurzeln. „Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt“, der seine eigene Landkarte aufgrund seiner Lebens- und Berufserfahrung konstruiert hat. Der größte Teil unseres inneren Erlebens wird unbewusst ausgelöst, und hypnosystemische Interventionsmethoden zielen darauf ab, durch Priming, Imaginationen und Lösungsfokussierung die Aktivierung erwünschter Erlebnisnetzwerke wahrscheinlicher zu machen.
Schlussfolgerungen und Anwendung in der Organisation
Setzt man das Unbewusste einer Person mit der Kulturebene von Organisationen gleich, dann würde diese Kulturebene alle Ressourcen besitzen, um dysfunktionale Muster in zieldienliche zu transformieren (Potentialhypothese). Gunther Schmidt formuliert: „Auch über längere Zeit anhaltende massive Probleme oder Symptome zeigen keineswegs einen grundsätzlichen Mangel an lösungsförderlichen Fähigkeiten, sondern im Wesentlichen nur, dass die vorherrschenden, gewohnten Prozesse der Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsfokussierung im relevanten System relativ starr und einseitig auf ebendiese symptomproduzierenden Prozessmuster ausgerichtet sind.“
Die Steuerung von Organisationen kann als eine Form von Selbststeuerung betrachtet werden. Leitungskräfte beeinflussen die Konstruktion ihrer inneren Landkarte, was den Umgang mit den verschiedenen Funktionseinheiten der Organisation beeinflusst. Unbeliebte Verhaltensweisen von Funktionseinheiten und Mitarbeitenden bedürfen zunächst der Akzeptanz der dahinterstehenden Bedürfnisse, bevor sie beeinflusst werden können. Wesentliche Gestaltung der Organisation bildet sich im indirekten „Anspielen“ der Organisationskultur ab, das durch die Fokussierung auf Stärken und Fähigkeiten der Funktionseinheiten und Mitarbeitenden angeregt wird.
Zusammenfassung
Organisationen können als Netzwerke hypnosystemischer Erlebnisnetzwerke betrachtet werden, in denen Kommunikation und Entscheidungen zentral sind. Sowohl systemische als auch hypnosystemische Ansätze betonen die Bedeutung der Kontextsteuerung und der Beobachtung zweiter Ordnung. Durch die Akzeptanz und das Verständnis der dahinterliegenden Bedürfnisse und Muster können dysfunktionale Prozesse in zieldienliche transformiert werden. Diese Perspektive bietet eine tiefgehende und umfassende Methode zur Gestaltung und Führung von Organisationen.