Im Bereich des Controllings existieren zwei zentrale Ansätze: das traditionelle Controlling und das systemtheoretische Controlling. Beide Ansätze verfolgen das Ziel, Organisationen bei der Steuerung ihrer Prozesse zu unterstützen, unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrer Methodik und den zugrunde liegenden Annahmen.
Gemeinsamkeiten:
- Zielorientierung: Beide Ansätze sind darauf ausgerichtet, Organisationen dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Dies geschieht durch die Bereitstellung relevanter Informationen und die Überwachung der Zielerreichung.
- Datenanalyse: Sowohl traditionelles als auch systemtheoretisches Controlling nutzen quantitative Daten zur Bewertung von Leistungen und Prozessen.
- Berichterstattung: Beide Ansätze beinhalten regelmäßige Berichterstattungen und Feedback-Schleifen, um die Organisation über den aktuellen Stand der Zielerreichung zu informieren.
Zentrale Unterschiede:
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Grundannahmen über Organisationen: Traditionelles Controlling basiert auf einem mechanistischen Verständnis von Organisationen als kontrollierbare und vorhersehbare Systeme. Im Gegensatz dazu betrachtet das systemtheoretische Controlling Organisationen als lebende, autopoietische Systeme, die sich selbst organisieren und deren Beobachtungen und Entscheidungen konstruiert und subjektiv sind.
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Fokus und Umfang: Traditionelles Controlling fokussiert sich hauptsächlich auf finanzielle Aspekte wie Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kosten- und Erlösrechnungen. Systemisches Controlling hingegen bezieht neben dem Finanzwesen auch Personal-, Qualitäts- und Kulturaspekte ein, um eine umfassendere Steuerung zu ermöglichen.
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Methodik: Traditionelles Controlling verwendet häufig einen kybernetischen Regelkreis der ersten Ordnung, der auf einem Soll-Ist-Vergleich basiert. Dies entspricht einer linear-trivialen Steuerung. Systemisches Controlling hingegen erkennt die Paradoxie der Steuerung des Unsteuerbaren und setzt auf die Erweiterung der Beobachtungskompetenz sowie die Anpassung an komplexe, dynamische Umwelten.
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Rolle der Controller: Im traditionellen Controlling agieren Controller als spezialisierte, oft abgekoppelte Kontrollinstanzen. Im systemischen Controlling wird die Rolle der Controller integriert und als unterstützend für die Selbstorganisation der gesamten Organisation betrachtet.
Beispiel für systemisches Controlling:
Stellen Sie sich eine soziale Organisation vor, die neben finanziellen Kennzahlen auch Indikatoren zur Mitarbeiterzufriedenheit, zur Qualität der erbrachten Dienstleistungen und zur Organisationskultur erfasst und analysiert. Diese umfassende Datenerhebung ermöglicht es der Organisation, nicht nur finanzielle Ziele zu verfolgen, sondern auch die Zufriedenheit und das Engagement der Mitarbeitenden zu steigern sowie die Qualität der Dienstleistungen kontinuierlich zu verbessern.
Bewertung von Kennzahlen in den Sinndimensionen
Kennzahlen spielen im Controlling eine zentrale Rolle, da sie eine quantifizierbare Basis für die Bewertung von Leistungen und Prozessen bieten. Ihre Vor- und Nachteile lassen sich in den drei Sinndimensionen sachlich, zeitlich und sozial betrachten.
Sachliche Dimension:
- Vorteile: Kennzahlen ermöglichen eine objektive und vergleichbare Bewertung von Prozessen und Ergebnissen. Sie verdichten komplexe Informationen und machen sie leichter interpretierbar.
- Nachteile: Kennzahlen können nur einen Ausschnitt der Realität abbilden und dabei wichtige qualitative Aspekte vernachlässigen. Es besteht die Gefahr der Reduktionismus, bei dem die Vielschichtigkeit von Prozessen und Leistungen nicht adäquat erfasst wird.
Zeitliche Dimension:
- Vorteile: Kennzahlen ermöglichen die Beobachtung von Entwicklungen über die Zeit und unterstützen die Trendanalyse. Sie bieten eine Grundlage für Prognosen und strategische Planung.
- Nachteile: Zeitliche Verzögerungen bei der Datenerhebung und -auswertung können die Aktualität und Relevanz der Kennzahlen beeinträchtigen. Langfristige Entwicklungen werden möglicherweise erst spät erkannt.
Soziale Dimension:
- Vorteile: Kennzahlen fördern Transparenz und Vergleichbarkeit innerhalb der Organisation und gegenüber externen Stakeholdern. Sie unterstützen die Kommunikation und das gemeinsame Verständnis von Zielen und Ergebnissen.
- Nachteile: Kennzahlen können soziale Dynamiken und menschliche Faktoren nicht vollständig erfassen. Sie können zu Fehlinterpretationen und ungerechtfertigten Bewertungen führen, wenn die sozialen Kontexte nicht berücksichtigt werden.
Maßnahmen zur Begrenzung der Nachteile:
- Ergänzung durch qualitative Daten: Neben quantitativen Kennzahlen sollten auch qualitative Informationen erhoben und analysiert werden, um ein umfassenderes Bild der Realität zu erhalten.
- Kontextualisierung: Kennzahlen sollten immer im Kontext der spezifischen Situation und der besonderen Umstände interpretiert werden. Eine reine Zahlenbetrachtung ohne Kontext kann zu Fehlinterpretationen führen.
- Dynamische Anpassung: Die Kennzahlensysteme sollten regelmäßig überprüft und an veränderte Bedingungen und neue Erkenntnisse angepasst werden.
- Schulung und Sensibilisierung: Mitarbeitende sollten im Umgang mit Kennzahlen geschult und für deren Limitationen sensibilisiert werden, um eine kritische und reflektierte Nutzung zu fördern.
Durch diese Maßnahmen können die Nachteile von Kennzahlen begrenzt und ihre Vorteile optimal genutzt werden, um eine effektive und ganzheitliche Steuerung der Organisation zu gewährleisten.